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07.11.2025

Zusätzliches E-Abo: Durfte bei Umsatzsteuer früher mit null Euro angesetzt werden

Der "kostenlose" erstmalige Zugang zum E-Abo einer Zeitung war in den Jahren 2009 bis 2012 wirklich kostenlos. Die Leistung habe deswegen, so der Bundesfinanzhof (BFH), bei der Umsatzsteuer mit null Euro angesetzt werden dürfen.

Eine Verlagsgruppe gab in den Streitjahren 2009 bis 2012 zwei Zeitungen heraus. Dies erfolgte zunächst nur auf Papier, unter anderem im Abonnement. Seit 2010 war neben dem Print-Abo ein reines Abonnement eines E-Papers für 13,99 Euro pro Monat erhältlich. Print-Abonnenten der A-Zeitung erhielten vom 01.01.2009 bis zum 28.02.2012 und Print-Abonnenten der B-Zeitung vom 01.01.2010 bis mindestens zum 31.12.2012 die Möglichkeit, sich ohne Zuzahlung auch für das E-Paper zu registrieren. Davon machten 15 Prozent der Print-Abonnenten Gebrauch. Als ab dem 01.03.2012 die Inhaber eines Print-Abos der A-Zeitung für das zusätzliche E-Abo eine zusätzliche Zahlung (0,99 Euro) entrichten mussten, gingen die Registrierungen um über 95 Prozent zurück. Bei der B-Zeitung begann die Zahlungspflicht erst nach den Streitjahren. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung seither ist laut BGH nicht mehr streitig.

Die Verlagsgruppe wendete in den Streitjahren auf ihre Leistungen an die Print-Abonnenten, die keine Zuzahlungen für das E-Abo leisteten, den in § 12 Absatz 2 Nr. 1 in Verbindung mit Anlage 2 Nr. 49 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unter anderem für Zeitungen vorgesehenen ermäßigten Steuersatz an. Sie nahm an, das zusätzliche, für Print-Abonnenten kostenlose E -Abo sei keine selbstständige Leistung neben dem Print-Abo.

Finanzamt und Finanzgericht (FG) waren hingegen der Auffassung, dass das E-Abo-eine selbstständige Hauptleistung sei, auf die – anders als heute – damals noch der Regelsteuersatz (19 Prozent) anzuwenden war. Der darauf entfallende Anteil am Gesamtentgelt betrage geschätzt 1,99 Euro.

Der BFH hob das Urteil des FG auf und gab der Klage statt.

Zwar sei richtig, dass das E-Abo eine selbstständige Hauptleistung neben dem Print-Abo ist: Das E-Abo habe für den Kunden einen eigenen Zweck und sei mit dem Print-Abo nicht untrennbar verbunden. Das pdf der Zeitung diene auch nicht dazu, das Papierexemplar unter optimalen Bedingungen zu lesen. Außerdem sei ein Teil eines Leistungsbündels, dem kein gesonderter Preis zugewiesen wird, grundsätzlich nicht kostenlos; das Gesamtentgelt sei grundsätzlich auf die Leistungsbestandteile aufzuteilen.

Allerdings war es aus Sicht des BFH in den Streitjahren aufgrund des damaligen Stands der Entwicklung im Verlagswesen ausnahmsweise noch zulässig, der Einräumung der Möglichkeit zur Nutzung der E-Paper einen Anteil am Entgelt von null Euro zuzuweisen. Es handelte sich aus damaliger Sicht um eine ohne Aufpreis eingeräumte Nutzungsmöglichkeit ohne nennenswerten Aufwand. Nur circa 15 Prozent der Nutzer hätten sich für den Bezug des E-Papers registriert, 95 Prozent seien nach Einführung eines zusätzlichen Entgelts wieder abgesprungen. Diese Kunden hätten vor, während und nach der Einführung der zusätzlichen Möglichkeit zur Nutzung der E-Paper denselben Betrag für ihr Print-Abo gezahlt und der Verlag denselben Betrag hierfür erhalten. Die Schätzung der Verlagsgruppe, der Entgeltanteil des E-Abo habe damals null Euro betragen, sei folglich ausnahmsweise nicht zu beanstanden.

Heute stelle sich die Problematik im Zeitungsbereich so nicht mehr, weil auch das E-Abo nach § 12 Absatz 2 Nr. 14 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegt und es deutlich stärker genutzt wird, was aus heutiger Sicht die Werthaltigkeit des verbrauchsfähigen Vorteils der Kunden zeige, so der BFH. Für andere Unternehmer, die ihre Leistungen (vermeintlich) kostenlos (gegen freiwillige Zahlungen oder gegen Überlassung der – für die Unternehmer werthaltigen – Nutzerdaten) erbringen, sei die Frage allerdings hochaktuell. Der BFH hat in seinem Urteil klar zum Ausdruck gebracht, dass er sich zu solchen Modellen nicht geäußert hat. Deren Beurteilung bleibe späteren Entscheidungen vorbehalten.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.07.2025, XI R 29/23